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Nachruf auf Hans-Michael Koch

Hans-Michael Koch
Hans-Michael Koch
Quelle Foto: Hochschule für Musik und Theater Hannover

Mit großer Betroffenheit haben wir erfahren müssen, dass unser langjähriges Mitglied und so geschätzter Kollege Prof. Hans-Michael Koch, dem viele von uns in einem freundschaftlichen Verhältnis verbunden waren, wohl am 20.07.2018 im Alter von 71 Jahren überraschend verstorben ist.

Wir hatten uns noch im Frühjahr in einem Telefongespräch über die Situation der Gitarre in China ausgetauscht. In dem Land, das für ihn in den letzten Jahren eine so  wichtige Bedeutung für seine künstlerisch-pädagogische Arbeit hatte, endete auch seine letzte berufliche Reise. Viele Jahre haben wir in dem Kurs „Die Gitarre in Unterricht und Praxis“ unserem heutigen Internationalen Bergischen Gitarrenfestival in Remscheid zusammen gearbeitet.

In unserem Nachruf haben Gerd-Michael Dausend und Dieter Kreidler (mit Hans-Michael Koch gemeinsam die Gründer des damaligen Kurses)  einige ihrer persönlichen Erinnerungen an diesen, für uns menschlich wie fachlich so redlichen und bedeutenden Kollegen formuliert. Seine Arbeit hat deutlichen Spuren hinsichtlich der seriösen Entwicklung unseres Instrumentes hinterlassen. Wir werden seiner stets in kollegialer Freundschaft und mit großem Respekt vor seiner Lebensleistung gedenken.

Alfred Eickholt im August 2018


Biografie

Hans-Michael Koch, geboren in Stuttgart, studierte Gitarre bei Prof. Karl Scheit an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien und setzte nach der künstlerischen Diplomprüfung seine Studien privat bei Regino Sainz de la Maza in Madrid sowie bei Siegfried Behrend fort. Seine Unterrichtstätigkeit begann 1971 am Bergischen Konservatorium der Stadt Wuppertal.

1972 ging diese Institution in der neu gegründeten Hochschule für Musik Rheinland auf, die neben Wuppertal die Institute in Köln, Düsseldorf und Aachen umfasste. Hans-Michael Koch verhandelte schon in diesem Jahr mit der Leitung der Hochschule (Prof. Siegfried Palm) über eine Anstellung im Professorenverhältnis. Nachdem diese Verhandlungen nicht zum gewünschten Ergebnis führten, folgte er im Sommer 1973 einem Ruf an die Hochschule Hannover, wo er für Jahrzehnte als Professor wirkte. Sein Nachfolger in Wuppertal wurde Dieter Kreidler.

1973 wurde Koch er als Preisträger und Stipendiat in die Bundesauswahl „Konzerte Junger Künstler“ aufgenommen, es folgten Debutkonzerte in der Berliner Philharmonie und der Wigmore-Hall London. Nach weiterführenden Studien auf Laute und Barockgitarre bei Hopkinson Smith in Basel widmete sich H.-M. Koch auch der Lauten- und Gitarrenmusik auf historischen Instrumenten. Seine internationale Konzerttätigkeit führte ihn in zahlreiche Länder Europas, Afrikas und Asiens im Auftrag des Goethe-Instituts, des weiteren wirkte er in Rundfunk- und CD-Aufnahmen mit. Gern war er bei Festivals wie z.B. den Festwochen Alter Musik in Innsbruck, den Tagen Alter Musik in Herne oder dem Festival van Vlaandern in Brügge zu Gast.

Im Jahre 2005 folgte er einer Einladung zu Meisterkursen und Konzerten nach Beijing und Tianjin in die Volksrepublik China. Seitdem wurde er als regelmäßiger Gast zu Konzerten und Kursen eingeladen und im Frühjahr 2007 zum Gastprofessor der Musi-hochschule Tianjin ernannt. Hans-Michael Koch betreute als Herausgeber zahlreiche Ausgaben von Gitarrenmusik des 19. Jahrhunderts bei B. Schott’s Söhne, Mainz. Er verstarb viel zu früh am 20.07.2018 während eines Aufenthaltes in China.

 

Einige persönliche Erinnerungen

Als ich im Jahre 1972 als Autodidakt der klassischen Gitarre, aber mit einer profunden Bandkarriere im Lebenslauf die Aufnahmeprüfung in Wuppertal machte, wurde ich von ihm trotz meiner natürlich noch vorhandenen Schwächen, in seine Klasse aufgenommen. Ich lernte bei Hans-Michael mittels der Pujol-Schule das musikalische und gitarristische Handwerk. Zunächst wurde sehr akribisch im Einzelunterricht gearbeitet, nach einiger Zeit fand der Unterricht jedoch oft im kleinen Forum statt, wobei etwa fünf Studierende gemeinsam fünf Stunden Unterricht bekamen. Auf diesem Wege lernte man das Repertoire sehr intensiv kennen, aber auch der zwischenmenschliche Bereich kam - vor allem gegen Ende des Unterrichtsnachmittags - nicht zu kurz. Immerhin war unser Lehrer zum Teil nur sehr wenige Jahre älter als wir, wenn auch fachlich meilenweit von uns entfernt.

Hans-Michael weckte bei mir schon sehr früh das Interesse an Renaissance- und Barockmusik, so spielte ich schon von Beginn an - damals meist noch aus den alten Pujol-Ausgaben bei Eschig - die entsprechenden Werke. Für mich war die Zeit bei ihm nach gut einem Jahr schon zu Ende, da er wie erwähnt einem Ruf nach Hannover folgte. Der Wechsel zu Dieter Kreidler brachte für uns alle zunächst einen großen Umbruch, einige Studierende zogen es dann doch vor, auch nach Hannover zu wechseln. Für mich persönlich war es in jedem Fall sehr wertvoll, von zwei so bedeutenden Lehrern ausgebildet zu werden.

Die gemeinsamen Jahre mit Hans-Michael setzten sich erfreulicherweise wenige Jahre später doch fort, denn durch eine Initiative von Dieter Kreidler wurde 1978 der erste Remscheider Gitarrenkurs durchgeführt, der im kommenden Jahr seine vierzigste Auflage erfährt. Gründungsmitglieder waren Dieter, Hans-Michael und ich, sehr rasch kamen Fred Harz und Alfred Eickholt hinzu, unzählige Gastdozenten ergänzten über die Jahrzehnte das Angebot. Hans-Michael setzte in den letzten Jahren andere Schwerpunkte und beendete seine Mitarbeit. Dennoch blieben wir weiter im Kontakt, wir verfolgten mit Interesse seine überaus erfolgreiche Tätigkeit an der Hannoveraner Hochschule als auch immer häufiger in Fernost.

Ich bin Hans-Michael jedenfalls überaus dankbar, denn seine Offenheit, einen Studenten ohne großartige klassische Vorkenntnisse aufzunehmen und zu fördern, hat mein Leben entscheidend geprägt und enorm bereichert. Ich werde seiner immer mit Dankbarkeit und Bewunderung gedenken.

Gerd-Michael Dausend

 

Als Nachfolger von Hans-Michael Koch in Wuppertal hat mich die Nachricht über seinen plötzlichen Tod sehr erschüttert. Wir pflegten über viele Jahrzehnte eine freundschaftlich-kollegiale Verbundenheit und unsere Wege haben sich immer einmal wieder gekreuzt.

Zu der oben beschriebenen professionellen Karriere und musikalischen Sozialisation von Hans-Michael Koch gehören unbedingt auch die aktive Mitgliedschaft im „Mandolinenorchester Musikfreunde Aachen“ unter der Leitung seines Lehrers Hubert Brand und kammermusikalische Konzerte mit Marga Wilden-Hüsgen in den 1960er Jahren. Während seiner Hochschulzeit in Wuppertal fand schließlich eine kreative Wiederbelebung dieser Freundschaft statt. Als Hochschullehrer prägte er nachhaltig seinen großen Schülerkreis. Seine pädagogische Kompetenz wurde über viele Jahre als Juror bei Jugend musiziert geschätzt. Lange Jahre haben wir in Remscheid (heute Bergisches Gitarrenfestival) und bei den Gießener Gitarrentagen zusammen gearbeitet. Dabei faszinierte mich immer, wie er dort bei Konzerten und Workshops schnell die Zuhörer in den Bann seiner Leidenschaft für die Alte Musik zog.
So überraschte er neben der Kenntnis alter Manuskripte und Drucke auch mit eindrucksvollen Demonstrationen alter Spieltechniken auf Laute, Vihuela oder Barockgitarre, später auch auf der Biedermeiergitarre. Darüber hinaus verfügte er über profunde Kenntnisse im Instrumentenbau und der Restauration historischer Instrumente. 

Hans Michael Koch war ein Sucher und Finder!
Als einer der ersten Hochschullehrer der Nachkriegsgeneration gehörte er zu den Pionieren, die eine fachlich solide Basis für die akademische Belastbarkeit des noch jungen Instrumentalfaches Gitarre im deutschen Musikhochschulbetrieb schufen.

Er wird mir und der Gitarrenwelt fehlen.                           

Dieter Kreidler